Rezension "Dry" von Neal & Jarrod Shusterman


Nachdem in Kalifornien schon seit längerer Zeit Wasserknappheit herrscht, passiert es an einem heißen Junitag tatsächlich. Alyssa dreht den Wasserhahn auf und nichts passiert, kein Tropfen Wasser kommt aus der Leitung. Betroffen sind mehrere Städte und Gemeinden, so dass innerhalb kürzester Zeit die Wasservorräte der Supermärkte ausverkauft sind und für viele Einwohner der Kampf ums Überleben beginnt.

Das Buch ist abwechselnd aus der Sicht der Hauptpersonen Alyssa, Garrett, Kelton, Henry und Jaqci geschrieben. Hierbei sind die einzelnen Kapitel mit dem Namen der Hauptperson überschrieben, so dass man immer weiß aus wessen Sicht die Geschichte gerade erzählt wird. Zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder so genannte Snapshots. Hier erzählen unterschiedliche Charaktere ihre Erlebnisse während der Katastrophe.
Diese Erzählweise hat mir sehr gut gefallen. Man begleitet die Hauptpersonen durch die Katastrophe  und ist von ihrer Geschichte gefesselt, außerdem hat man durch die Snapshots das Gefühl, auch am Geschehen außerhalb der Welt der Hauptpersonen beteiligt zu sein.
Der Schreibstil ist spannend und sehr flüssig, so dass sich das Buch sehr gut lesen ließ. Die Protagonisten wurden mit sehr unterschiedlichen Charakterzügen versehen, so dass sie in der Ausnahmesituation auf verschiedene Arten reagieren und unterschiedliche Blickwinkel auf die Situation haben. Alyssa hält zum Beispiel sehr an ihren moralischen Werten fest und handelt eher gefühlsbetont, wohingegen Jaqui eher impulsiv und manchmal rücksichtslos ist. Mir hat die Darstellung der Charaktere sehr gut gefallen, und ich fand ihre Handlungen, ihre Verzweiflung und ihre Ängste absolut nachvollziehbar.

Nur die wenigsten Menschen sind, wie Kelton und seine Familie, auf diesen Katastrophenfall vorbereitet. Den meisten geht es wie Alyssas Familie, sie werden völlig unvorbereitet vom Wasserverlust getroffen. Dadurch beginnt sehr schnell ein Kampf ums Überleben, in dem ein Großteil der Menschen zu allem bereit ist und sehr schnell jegliche Menschlichkeit und Zivilisation vergisst.
Dieses Szenario haben Neal und Jarrod Shusterman so realistisch beschrieben und es entwickelt sich so rasant, dass ich mich zwischendurch immer wieder gefragt habe, wie es so schnell so weit kommen konnte. 
Ich konnte mir beim Lesen durchaus vorstellen, dass diese Dinge genau so heutzutage passieren können, was wiederum auch irgendwie verstörend war, insbesondere da in unserem Leben aktuell durch Hamsterkäufe, Schulschließungen, Ausgangsbeschränken usw. auch so ein Hauch Katastrophenstimmung herrscht. 
Dadurch wird noch einmal mehr deutlich, dass diese fiktive Geschichte, in Zeiten von Klimawandel und Wasserknappheit, thematisch top aktuell ist und durchaus Bezug zu unserer Realität hat.
Durch diese realistische Darstellung kommt man nach dem Lesen des Buches an den Punkt, an dem sich jeder Einzelne fragen muss, wie weit würde ich für meine Familie und für mich selbst gehen und zu welcher Gruppe Menschen würde ich im Extremfall gehören - rettender Engel oder rücksichtsloser Kämpfer?

Ich mochte Neal Shustermans Art zu Schreiben bereits aus der Scythe-Reihe und das Thema des Buches hat mich auch interessiert, so dass ich nicht lange überlegt habe, ob ich dieses Buch tatsächlich lesen möchte … und ich kann sagen, ich wurde nicht enttäuscht, auch wenn dieses Buch ganz anders ist als die Bücher der Scythe-Reihe. Das Buch wurde von Neal Shusterman gemeinsam mit seinem Sohn Jarrod geschrieben, und man kann während des Lesens nicht feststellen, welche Teile von wem geschrieben wurden, was ich als sehr positiv empfinde.

Auch wenn ich die Geschichte als sehr realistisch beschrieben und stimmig empfunden habe, muss ich doch sagen, dass ich das Ende ein wenig schwach fand. Als die Handlung aufs Ende zuging, habe ich mich oft gefragt, wie diese Situation aufgelöst werden soll, ohne das sämtliche Hauptcharaktere ums Leben kommen. Das haben sich die Autoren möglicherweise auch gefragt, denn ich empfand das Ende doch ein wenig zu konstruiert. 

Insgesamt kann ich sagen, dass mir das Buch sehr gut gefallen hat und ich es auf jeden Fall weiterempfehlen würde.
Es bekommt von mir 4,5 von 5 Sternen.

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